Nach einem Glas frisch gepresstem Fruchtsaft führt der erste Weg zur Toilette. Auf ein schönes Glas Wein reagiert man mit rinnender Nase und der geliebte Latte Macchiato verursacht regelmäßig Bauchkrämpfe. Das alles können Anzeichen dafür sein, dass der Körper gewisse Stoffe in Lebensmitteln nicht verträgt, diese nicht verarbeiten kann.
Ist das der Fall, leidet man unter Umständen an einer Nahrungsmittelintoleranz. Oft auch ohne es zu wissen. Schätzungen gehen davon, dass in Europa zwischen 50 und 80 % der Bevölkerung mit einer mehr oder minder ausgeprägten Intoleranz leben.
Die gute Nachricht: Die Unverträglichkeit von gewissen Stoffen in unseren Lebensmitteln hat in der Regel nichts mit den weitaus gefährlicheren Nahrungsmittelallergien zu tun. Bei diesen reagiert das Immunsystem sofort und heftig – teils mit lebensbedrohlichen Folgen. Die am häufigsten verbreiteten Formen von Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind die Laktoseintoleranz, die Fruktosemalabsorption und die Histaminintoleranz. Eine Art Sonderfall stellt die Glutenunverträglichkeit dar, die sogenannte Zöliakie.
Laktoseintoleranz
Ein frisches Glas Milch oder ein Joghurt mit Früchten können etwas Herrliches sein! Wenn man nicht an einer Milchzuckerunverträglichkeit, der Laktoseintoleranz, leidet. Immerhin rund 15 Prozent der Deutschen sind laktoseintolerant. Was bedeutet, dass sie aufgrund eines Mangels oder gänzlichen Fehlens des Enzyms Laktase mit Blähungen, Bauchkrämpfen, Übelkeit oder Durchfall reagieren.
Laktase ist ein Verdauungsenzym im Dünndarm, das für die Aufspaltung des Milchzuckers verantwortlich ist. Interessant ist, wie eng das Vorhandensein des Enzyms mit unserer Evolutionsgeschichte zusammenhängt: Bei gesunden Säuglingen arbeitet das Enzym bis zum Zeitpunkt des Abstillens auf Hochtouren. In Ländern, in denen viel Milchwirtschaft betrieben wird, wo also auch verhältnismäßig viele Milchprodukte konsumiert werden, verfügen selbst Erwachsene über ausreichend Laktase, um diese problemlos zu verdauen. In Südostasien und China, wo Milchprodukte auf dem Speiseplan eigentlich kaum eine Rolle spielen, können wiederum 90 Prozent der Bevölkerung diese auch nicht beschwerdefrei verdauen.
Fruktosemalabsorption
Auch wenn Obst, Fruchtsäfte und Honig Teil einer gesunden Ernährung sind, sollten Menschen mit Fruchtzuckerunverträglichkeit diese nur in Maßen genießen. Zwar muss diese Unverträglichkeit streng von der durch eine angeborene Genmutation hervorgerufenen Fruktoseintoleranz unterschieden werden, bei der es zu gefährlichen Senkungen des Blutzuckerspiegels und Leberfunktionsstörungen kommen kann. Doch auch die Symptome der auf einer Stoffwechselstörung basierenden Unverträglichkeit sind unangenehm: Kann der Dünndarm Fruktose nicht richtig verdauen, reagiert der Körper mit Symptomen wie Übelkeit, Durchfall, Bauchschmerzen und Blähungen. Schätzungsweise jeder Dritte Erwachsene ist von einer Malabsorption betroffen. Da die Beschwerden jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt sind, wird sie nicht immer wahrgenommen.
Histaminintoleranz
Zwar sind die Ursachen, warum der Körper den selbst im menschlichen Darm produzierten und in nahezu allen Nahrungsmitteln enthaltenen Botenstoff Histamin nicht verarbeiten kann, noch nicht genau geklärt. Fakt ist, dass rund 1 Prozent der europäischen Bevölkerung über die Nahrung aufgenommenes Histamin nur langsam oder unvollständig abbauen kann. Leidet man unter einer Intoleranz, reichen bereits geringe Mengen, um Symptome hervorzurufen: Diese sind vielfältig und reichen von Problemen im Magen-Darm-Trakt über Husten und rinnende Nase bis zu Kopfschmerzen oder Hautausschlägen. Meiden sollte man als Betroffener unter anderem gut gereifte Käsesorten, Rotwein, Wurstprodukte oder Sauerkraut.
Zöliakie
Wer an Zöliakie leidet, für den sind vor allem Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Dinkel, Hafer oder Gerste tabu. Denn die Dünndarmschleimhaut reagiert auf das darin enthaltene Gluten, auch Klebereiweiß genannt, mit einer Immunreaktion, die wiederum zu einer Entzündung und langfristig zu einer Schädigung der Dünndarmschleimhaut führt. Die Folge ist, dass wichtige Nährstoffe nur mehr eingeschränkt aufgenommen werden. Dieser Nährstoffmangel kann eine Reihe von Beschwerden auslösen. Problematisch für Betroffene: Gluten kann sich in vielen Speisen verbergen. So stellen vor allem Fertiggerichte oder industriell gefertigte Würzmittel oder Soßen eine Gefahr dar. Laut neuesten Untersuchungen geht man davon aus, dass einer von hundert Deutschen von Zöliakie, bei der erbliche Faktoren eine wichtige Rolle spielen, betroffen ist. Allerdings ist sie oft nur schwach ausgeprägt, sodass sich nur rund 10 – 20 Prozent an eine strikte, glutenfreie Ernährung halten müssen. Das ist bis heute die einzige Behandlungsform bei Zöliakie.
Helmut Beng ist diätisch geschulter Koch, Küchenchef in der Rosenalp und Spezialist für Kur-, Diät- und Leichtküche. Er rät Betroffenen:
- Beobachten Sie sich selbst! Welche Nahrungsmittel tun Ihnen gut und auf welche reagieren Sie mit Beschwerden. Führen Sie eventuell eine Art Ernährungstagebuch. Das erleichtert die Diagnose.
- Machen Sie sich Notizen über die Symptome und halten Sie fest, wann diese auftreten.
- Lassen Sie sich von einem Ernährungsberater oder Arzt beraten, bevor Sie an eine Ernährungsumstellung oder Diät denken.
- Der Darm ist der Sitz der Gesundheit! Wer unter wiederkehrenden Magen-Darm-Beschwerden leidet, sollte die Ursachen dafür unbedingt von einem Facharzt abklären lassen.
- Achten Sie als Betroffener auch auf Reisen unbedingt darauf, Hotels mit einem guten Ernährungsangebot zu wählen. Dort kann man den Speiseplan auf Ihre Anforderungen abstimmen und auf Unverträglichkeiten Rücksicht nehmen.
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